Ein Plädoyer für die Handschrift
Im Zeitalter von Smartphone, Tablet und PC tritt die Handschrift immer mehr in den Hintergrund. Auch die Corona-Pandemie, mit geschlossen Schulen und Universitäten, lässt die Rufe nach digitalen Lernkonzepten lauter werden. Pädagogen fragen sich, ob es für Kinder überhaupt noch wichtig ist, mühsam mit der Hand schreiben zu lernen oder ob es nicht einfacher und effektiver wäre, die Schüler direkt am digitalen Gerät zu unterrichten. Das würde viel Zeit sparen und Kapazität für andere Lerninhalte freimachen.
Schweden, das europäische Testlabor
In einigen schwedischen Schulen in Sollentuna geht man diesen Weg bereits und hat den Leseerwerb von Schreiberwerb entkoppelt. Die Kinder lernen im ersten Jahr ausschließlich an digitalen Geräten die Schrift. Erst im zweiten Jahr kommen Stift und Papier zum Einsatz.
Forscher untersuchten nun, ob dies Auswirkungen auf die Leistung der Schüler hat. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es ein aufwendiges pädagogisches Konzept benötigt, damit der Schrifterwerb per Computer einen positiven Effekt hat.
Auch in China unterrichtet man schon einige Zeit mit digitaler Unterstützung. Die chinesischen Schriftzeichen sind vielfältig und folgen keinem klaren System. Um sie zu beherrschen, müssen Schüler viele Jahre lang auswendig lernen und üben.
Neue Konzepte setzen dabei nicht mehr auf das Abschreiben per Hand, sondern bieten digitale Unterstützung. Die Kinder tippen zunächst das Wort lautgetreu in das digitale Gerät. Da es im Chinesischen je nach Betonung eines Wortes unterschiedliche Bedeutungen geben kann, werden alle möglichen Schriftzeichen angezeigt. Das Kind muss nun nur noch das richtige Zeichen auswählen.
Allerdings stellten Forscher nun fest, dass die chinesischen Schüler, die mit digitaler Unterstützung unterrichtet wurden, weit aus weniger Schriftzeichen beherrschen, als die traditionell unterrichteten, in derselben Altersgruppe.
Lesen ist Motorik
Um zu verstehen, inwieweit Lesen und Schreiben im Gehirn verknüpft sind, schauten sich Wissenschaftler die Vorgänge beim Lesen genauer an. Dabei stellten Sie fest, dass beim Lesen immer auch motorische Inhalte abgerufen werden. Das Gehirn erinnert sich also nicht nur an die Buchstaben, sondern auch daran, wie man sie schreibt. Lese- und Schreibkompetenz hängen also aneinander und es ergibt Sinn, diese Fähigkeiten gemeinsam zu erlernen. Dabei nutzt es übrigens nichts, mit einem Stylus auf einem Tablet zu schreiben. Im Gehirn wird das anders gewertet als Schreiben mit Stift und Papier.
Fazit: Schreiben ist kein nettes Beiwerk
In den letzten eineinhalb Jahren erhielten die Schüler aufgrund der Corona-Pandemie viel Kontakt zu digitalen Medien und lernten oftmals wochenlang am Computer. Auch wenn digitaler Unterricht viele Möglichkeiten bietet, sollte das Schreiben mit der Hand dabei keineswegs zu kurz kommen.
Ermuntern Sie ihr Kind deshalb, Stift und Papier zu benutzen und üben Sie mit ihm Handschrift. Das hilft Ihrem Kind gelernte Inhalte zu vertiefen und verbessert seine Lesekompetenz.
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